Paar Garzweiler

Garzweiler | die alten und die neuen Dörfer

Als ich das erste Mal leibhaftig vor dem riesigen Garzweiler 2-Tagebau-Loch stehe, bin ich erstmal baff und dann erschrocken. Ein fast 200 Meter tiefes Loch, das am Ende eine Fläche von 4.800 ha einnehmen soll?

Auf der Seite des BUND lese ich Zahlen, die meine Vorstellungskraft überschreiten. Ich berechne mit meinem Handy, wieviele LKWs man benötigen würde, um alleine den Abraum (6,5 Mrd m3) abzutransportieren. Wo ist der überhaupt geblieben? Ich komme auf 180.000.000 LKWs (7,5 Tonner). Das kann ich mir aber auch nicht so wirklich vorstellen. Am Ende der Pi-mal-Daumen-Berechnung komme ich auf eine LKW-Schlange, die sich fast 80 Mal um die Erde wickeln müsste. Ja und die verbrannte Braunkohle? Ist weg. In die Atmosphäre gepustet und hat ordentlich zum Klimawandel beigetragen. Und da schließt sich der Kreis. Dieses Loch soll bis 2085 mit dem Wasser aus dem Rhein wieder befüllt werden. Leider hat der Rhein im Moment (und zukünftig?) nicht mehr ganz so viel Wasser abzugeben. Angeblich keinen Bock wegen Klimawandel.

11Panorama
Um dieses Loch herum gibt es hunderte von Pumpen in regelmäßigen Abständen in der Landschaft verteilt, damit das Loch nicht absäuft. Leider sackt der Grundwasserspiegel dadurch immer mehr ab. Soll angeblich Auswirkungen auf die Vegetation haben. 


Pumpen

Ich bin als Radfahrer unterwegs. Da kann es schon mal vorkommen, dass man vor einem Wall Erde anhalten sollte, der quer über die Straße, aber auch um das ganze Loch herum angelegt wurde. Die Warnschilder sollte man ernst nehmen. Die Videoüberwachung funktioniert gut. Als ich einmal auf einen Wall wegen der besseren Aussicht steige, rast auch schon der Werkschutz mit dem Auto herbei. Hinter dem Wall verläuft eine Kontrollstraße.


15Rand


Ja aber - hat denn hier auf einer Fläche von 4.800 ha vorher kein Mensch gewohnt? Natürlich. Ganze Ortschaften wurden plattgemacht. Um das Loch herum gibt es jetzt noch jede Menge Geisterdörfer. Großenteils leerstehende Häuser. Dazwischen manchmal auch noch vereinzelte Häuser, die bewohnt sind. Das sind die nächsten Kandidaten.


21Haus


Ja wo sind denn die Menschen alle geblieben? Einige sind anscheinend umgezogen.


22Briefkasten


Da hat man doch tatsächlich "neue" Orte gegründet, die den alten Namen des Ortes tragen mit dem Zusatz (NEU).


23Borschemichneu


Mittlerweile ist der Ort aber auch nicht mehr ganz so neu (gibt es seit 2006), sodass man den Zusatz NEU wieder fallen lässt. Ist es damit wieder der alte Ort? Auch die Straßennamen hat man teilweise aus dem alten Ort in den neuen Ort mitgenommen. Mit dem Zusatz NEU kommt wenigstens der Briefzusteller nicht durcheinander.


25Borschemichstrasse


Ob die Menschen alle mitgekommen sind? Es darf bezweifelt werden. Vielleicht wurden sie ja auch umbenannt (mit dem Zusatz NEU). Die Wurzeln, die Heimat verloren zu haben - das dürfte nicht einfach sein. Obwohl - der NEUE Ort sieht doch richtig schön und ordentlich aus:


24Borschemichneu


Na ja, ein wenig vom ALTEN Ort ist dann doch noch da. Man hat eine Sitzbank mit Fotos des alten Ortes dekoriert. So kann man mit dem Popo wenigstens ein bißchen im alten Ort sein (bildlich).


26Borschemichalt


Und dann gibt es dieses kleine Dorf Lützerath. Direkt an der Abbruchkante. Und eine Menge Leute, die verhindern wollen, dass dieses Dorf den Baggern zum Opfer fällt.


31Schild

33allebleiben

34Baumhaus

35Ahrweiler

36Bär


Ich wundere mich, dass als Symbol für den Widerstand gegen Garzweiler II die gelben Andreaskreuze verwendet werden. Die ich aus dem Wendland als Symbol gegen die  Atomendlagerstätte Gorleben kenne. In der Lützerather Eibenkapelle hängt ein Schild, das erläutert, wie die Gorlebener symbolisch auf einem langen Fußmarsch das Kreuz nach Lützerath brachten.


37Kapelle