Nacktbus

Provinzkunst | wenn der Nachtbus zum Nacktbus wird

Der berühmte Handorfer Schrottkünstler hat mal wieder zugeschlagen – und diesmal nicht mit dem Schweißgerät, sondern mit dem Edding. Bekannt dafür, aus rostigem Schrott kunstvolle Skulpturen zu gestalten, griff er nun wieder in den öffentlichen Raum ein. Ganz in der Tradition von Banksy (nur ohne Weltruhm, Sotheby’s und Millionenpreise) beschloss er, Handorf ein bisschen freizügiger zu machen (siehe auch seine vorhergehende Kunstaktion im öffentlichen Raum: https://farbig-und-rostig.de/dauerausstellung-strasseneinmuendung )

In einer nächtlichen Guerillakunstaktion verwandelte er mit simplen Strichen das brave „Nachtbus“-Schild an einer Haltestelle in den verheißungsvollen „Nacktbus“. Aus Provinz wird Provokation. Er rechnete mit einem Skandal, mit empörten Leserbriefen in den „Westfälischen Nachrichten“, vielleicht sogar mit einer Podiumsdiskussion im LWL-Museum über „die Nacktheit im öffentlichen Nahverkehr“.

Doch: nichts. Wochenlang. Kein Aufschrei, keine Performancekunst, nicht einmal ein empörter Rentnerbrief. Offenbar schaut niemand genauer auf Bushaltestellenschilder.

Bis, ja bis… ihm eines Morgens ein Link von seinem Kumpel Albert S. geschickt wurde. Eine Busfahrerin, Annemarie Klömel (55, Münster-Kinderhaus), hatte auf Facebook über ein merkwürdiges Erlebnis berichtet.

An der Handorfer Bushaltestelle „Am Hof zur Linde“ stand ein junger Mann im nasskalten Septemberwind – halbnackt, nur mit einem Slip bekleidet und die anderen Kleidungsstücke lässig über die Schulter drapiert bzw. in der Hand haltend. Die Fahrerin machte vorsichtshalber ein Handyfoto, bevor sie die Tür öffnete.

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„Warum steigen Sie halbnackt ein? Ist Ihnen zu warm?“, fragte sie streng.

Der Mann, sprachlich deutlich transatlantisch eingefärbt, antwortete:
„Ich habe das Schield ‚Naktbooss‘ geläsen änd hoffe, ich habe alles richtik gemacht hier in Dschörmänie. Man mooss ja imma alles so korrekt machen bei oich. Nischt so locker wie in Ameriko.“

Die Busfahrerin sah sich irritiert das Haltestellenschild an und klärte ihn dann nüchtern auf: es handele sich nicht um ein offizielles Serviceangebot der Stadtwerke, sondern um einen üblen Streich. Danach funkte sie die Zentrale an – vermutlich mit dem Zusatz „Sie werden es nicht glauben, aber …“.

Die Stadtwerke reagierten blitzschnell: Schild ausgetauscht, Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Die Lokalzeitung berichtete pflichtbewusst. Und der Handorfer Künstler?

Der lag in der darauffolgenden Nacht schweißgebadet im Bett, geplagt von Albträumen: dutzende nackte Pendler, die bei Wind und Wetter an Haltestellen warteten, in der irrigen Annahme, Münster sei die erste Stadt Europas mit einem textilfreien Nahverkehr.

KI-Foto generiert durch Flux1.ai / Prompts von Michael Jaffke